Sportministerin Theresa Schopper äußert sich in einem Gastbeitrag zu den neuen Formaten der Bundesjugendspiele

Die Aufregung ist groß: Die Bundesjugendspiele sollen in ihrer bisherigen Form abgeschafft werden. Dem ist nicht so, erklärt Baden-Württembergs Sportministerin Theresa Schopper in einem exklusiven Beitrag für „Sport in BW“.

Seit einigen Wochen kocht das Thema Bundesjugendspiele hoch. Ob Welt, FAZ, Spiegel oder Die Zeit – der Tenor im überwiegenden Teil der Medienlandschaft lautet: die Bundesjugendspiele in ihrer bisherigen Form werden abgeschafft. Um es gleich vorweg zu nehmen: das ist nicht richtig! Das Wettbewerbsformat wurde von ausgewiesenen Expertinnen und Experten, insbesondere auch aus den Reihen der Spitzenverbände der Sportarten Leichtathletik, Schwimmen und Gerätturnen, entwickelt und eng mit der Kommission Sport der Kultusministerkonferenz abgestimmt. Mit der Weiterentwicklung verfolgen die Bundesländer die konsequente Umsetzung kindgemäßer Inhalte und Zielsetzungen der Bildungspläne des Sportunterrichts in der Grundschule. Diese sind mehrperspektivisch und prozessorientiert angelegt. Als Kultusministerin von Baden-Württemberg unterstütze ich diese Weiterentwicklung.

Was sich tatsächlich ändert, lässt sich anhand des Beispiels Weitspringen gut erklären: Es wird künftig an Grundschulen nicht mehr in Zentimetern genau gemessen, wie weit ein Kind springt, sondern in welche vorher festgelegte Zone. Deswegen fürchten viele den Untergang des Wettbewerbsgeists. Doch diese Sorge ist fehl am Platz. Denn für die besten 20 Prozent der Schülerinnen und Schüler gibt es weiterhin eine Ehrenurkunde, für die schlechtesten 30 Prozent eine Teilnahme- und für den Rest eine Siegerurkunde.

Was bedeutet die Weiterentwicklung?

Mehr sportliche Entfaltungsmöglichkeiten und individuelle Stärken in den Fokus rücken – das soll die Wettbewerbsform, die ab dem Schuljahr 2023/2024 für die Klassenstufen 1 bis 4 in den Sportarten Leichtathletik und Schwimmen ausschließlich gilt, ermöglichen. Außerdem soll das klassische, starre Regelwerk einer differenzierten Bewertung weichen. Bisher war es so, dass für die Klassenstufen 3 bis 6 die Wettbewerbsform lediglich empfohlen wurde, also sich bereits Drittklässler unter Umständen anhand des starren Wettkampf-Regelwerks untereinander messen mussten. Seit dem Jahr 2001 können die Schulen bei der Durchführung der Bundesjugendspiele aus drei möglichen Angebotsformen wählen. Zum klassischen Wettkampf sind die neuen Formate Wettbewerb und Mehrkampf hinzugekommen.

Welche Möglichkeiten eröffnen sich?

Die Wettbewerbsform bietet ein vielfältiges Angebot an Übungen, die sportartübergreifende Fähigkeiten und Fertigkeiten wie das Koordinationsvermögen und die Geschicklichkeit stärken. Die Übungen sind auf das jeweilige Alter zugeschnitten und variabel gestaltbar. Die Kinder werden – entgegen anderslautender Befürchtungen – selbstverständlich an die drei Grundsportarten Leichtathletik, Geräteturnen und Schwimmen herangeführt, aber eben kindgemäß und spielerisch. Es gibt Kinder, deren Talente nicht im sportlichen Bereich liegen. Bei ihnen müssen wir uns darauf konzentrieren, dauerhaft den Spaß an der Bewegung zu fördern. Daher ist eine weitere wichtige Intention der Neuerung, den Kindern wesentlich mehr Bewegungszeit und ein positives Wettkampferlebnis zu ermöglichen. Lange Schlangen wartender Kinder in ihren Riegen, wie wir sie noch vom klassischen Bundesjugendspiele-Dreikampf kennen, gibt es bei der Wettbewerbsform nicht. Auch keine normierten und zentimetergenauen Messungen. Durch die Einteilung in Zonen – wie eingangs beschrieben – kann man die Leistung deutlich schneller erfassen. Und natürlich müssen die Schülerinnen und Schüler auch beim Wettbewerb etwas leisten. Die Kinder erhalten aber durch die Vielfalt an möglichen Bewegungsangeboten eine größere Chance auf Erfolg indem sie neue Bewegungsformen lernen und ausprobieren.