Seit 26 Jahren wird der Trainer des Jahres vom Landessportverband Baden-Württemberg (LSVBW) einen Preis gekürt. Für Trainer, die neben dem täglichen Training etwas Besonderes geleistet haben, gibt’s den LSVBW-Sonderpreis. In diesem Jahr erhielt diesen Leichtathletik-Coach Ralf Weber vom TSV Oftersheim.

Es ist eine Zeitreise, 20 Jahre zurück. Beim TSV Oftersheim betreut Leichtathletik-Trainer Ralf Weber eine Gruppe Kinder und Jugendliche. Alle aus dem Ort und der nahen Umgebung. Eine davon war Malaika Mihambo. Sie ist Weber schon früh aufgefallen. Aber da waren eine ganze Menge andere, die möglicherweise ähnlich talentiert waren.

Im Vordergrund stand für den Pädagogen sowieso erst einmal die Gruppe. Für sie gestaltete er das Training vielseitig mit dem Ziel, dass die Kinder und Jugendliche alle leichtathletischen Disziplinen kennenlernen. Konsequenterweise war Malikas Mihambos erster Deutscher Meistertitel dann auch der Titel mit ihrer Siebenkampf-Mannschaft. „Ich bin sehr behutsam an den Leistungssport geführt worden, wurde in der Jugend nicht verheizt und habe viel gelernt,“, hat die Weitsprung-Olympiasiegerin Jahre später in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung gesagt. Sven Rees, Leistungssportdirektor Leichtathletik Baden-Württemberg, sagte in seiner Laudatio: „Beim Verband ist uns irgendwann aufgefallen, dass immer mehr Athleten vom TSV Oftersheim in den Landeskadern aufgetaucht sind.“

Als erkennbar wurde, was für ein Ausnahmetalent Malaika Mihambo ist, hat sich Brauns Arbeit zwangsläufig auf Mihambo konzentriert. Trotz der Reduzierung auf eine Athletin ist die Intensität und der Umfang der Trainertätigkeit immer weiter gewachsen ist.

Natürlich hatte Ralf Weber auch noch eine eigene Familie – Frau und drei Kinder. Und einen Beruf als Lehrer. Die meiste Zeit in der Schule, später dann auch beim Regierungspräsidium in Karlsruhe. Abends immer Training. Dazwischen Trainingsplanung und Wettkampfplanung. Fahrten zu Wettkämpfen und in Trainingslager.

Weil der heute 53-Jährige nicht alles abdecken konnte, hat er sich Unterstützung geholt. Alles um die Ecke. Für das Krafttraining bei seinem Vereinskollegen Werner Heger. Früher mal Deutscher Meister im Kugelstoßen. Und für den Sprint bei Valerij Bauer in Mannheim. Unterstützung gab es dann später auch durch das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport und den Landessportverband Baden-Württemberg (LSVBW). Als sogenannter Lehrertrainer war sein Stundendeputat an der Schule zugunsten des Leistungssports reduziert worden. Der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) konnte sich lange nicht für dieses Trainings-Modell begeistern. Im Gegenteil – nach einem Verletzungsjahr flog Malaika sogar aus dem Bundeskader. „Webers Ideen, seine Trainingslager- und Trainingsplanung passten nicht immer ins Konzept des DLV, aber die beiden wurden trotzdem unterstützt“, sagte Michael Schlicksupp als Präsident des Badischen Leichtathletik-Verbandes bei der Verleihung des Trainerpreises des LSVBW an Weber.

Dass sich seine Beharrlichkeit und diese Hinzunahme weiterer fachlicher Expertise ausgezahlt hat, zeigte sich bei den Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften, von denen Malaika Mihambo mit Gold ins heimische Oftersheim zurückkehrte. „Ich habe die Emotionen geliebt“, erklärte Weber bei der Trainerpreisverleihung, „nicht nur beim Erfolg, sondern auch beim täglichen Training.“

Nach dem WM-Erfolg 2019 und der bis heute gültigen Bestweite von 7,30 Meter hatte Ralf Weber Ende 2020 die Zusammenarbeit aus persönlichen Gründen beendet. „Ich blicke mit viel Dankbarkeit zurück auf die Zeit, die wir zusammen hatten“, würdigte Mihambo ihren Entdecker. Er hatte die Basis für die weiteren Erfolge gelegt. Übernommen hat die Athletin Malaika Mihambo Bundestrainer Ulrich Knapp. „Ralf Weber ist ein unermüdlicher Tüftler, unsere Planungsgespräche waren immer etwas ganz Besonderes, und haben mir viel Spaß gemacht“, sagte Knapp anlässlich der Ehrung als „DLV-Trainer des Jahres“ 2019. Er würdigte den bis dahin gegangenen Weg als „eine fantastische Trainer-Leistung“.

Dass Ralf Weber ein Jahr später seiner Familie Priorität eingeräumt und sich vom Leistungssport verabschiedet hat, „sei für viele überraschend gekommen“, wie Schlicksupp ausführte, „aber auch das verdient Respekt. Wie vieles, das er vorher gemacht hat.“