Das Sportsystem in den USA ist gänzlich unterschiedlich zum deutschen. Sport an der Uni statt Vereinssport. Eine Delegation des Olympiastützpunktes Stuttgart (OSP) und drei Perspektivathletinnen haben ein Trainingszentrum in Phoenix und den Campus der University of California in Los Angeles (UCLA) besucht. Einige Optimierungsmöglichkeiten haben sie erkannt.

Momentan haben Sandrina Sprengel und Tabea Eitel nur ein Bild vom Memorial Coliseum in Los Angeles. Aufgenommen bei einem Besuch im Herbst 2023. Doch das Ziel ist jetzt klarer als davor. „2028 wollen wir dieses Bild noch einmal machen, dann aber in Olympiakleidung mit dem Bundesadler auf der Brust“, sagt Sprengel. Dann wäre die Mehrkämpferin, die im vergangenen Sommer U20-Europameisterin geworden war, 24 Jahre alt. Und Weitspringerin Eitel, Fünfte bei der U20-EM, nickt zustimmend.

Die Reise mit hat ernste Hintergedanken und dient der olympischen Perspektive. „Diese Reise war ein gemeinsames Projekt von Landessportverband Baden-Württemberg (LSVBW) und Leichtathletikverband, damit Nachwuchs-Topathleten in ihrer Entwicklung zu Topathleten Eindrücke sammeln und sehen, wo international was passiert“, sagt LSVBW-Hauptgeschäftsführer Ulrich Derad. Für die Athletinnen Sprengel, Eitel und Rosina Schneider, U20-Europameisterin über 100 Meter Hürden und in der Staffel, sollte die USA-Reise nach Phoenix und Los Angeles Anerkennung und Motivation sein. Begleitet wurden sie von einer Delegation des OSP unter Leitung von Tim Lamsfuß sowie Mehrkampf-Landestrainer Florian Bauder.

Das Betreuerteam schaute sich sehr aufmerksam die Abläufe und Trainingsstätten im EXOS-Trainingscamp in Phoenix und auf dem Campus der UCLA an. Auch wenn die Sportsysteme in den USA und Deutschland sehr unterschiedlich sind, lautet Lamsfuß‘ Resümee: „Ich habe mehrere Punkte identifiziert, die zu uns passen und die wir auch versuchen am OSP umzusetzen.“ Dies lässt sich mit den Schlagworten Vernetzung und Digitalisierung beschreiben. „Die Athleten können schon am Eingang in ein Tablet eingeben, wie ihr Wohlbefinden ist und ob sie womöglich Probleme haben“, erläutert Lamsfuß, „wenn sie umgezogen zum Training kommen, wissen sowohl die Trainer wie auch die Physios Bescheid und können entsprechend handeln.“

Auch bei der Laufbahnberatung wurden Verbesserungsmöglichkeiten erkannt, indem personenbezogene Daten und Standards vor der Beratung digital erfasst werden. „Da müssen die nicht in den ersten zehn Minuten abgefragt werden, sondern es bleibt mehr Zeit für das eigentlich Wichtige“, sagt der OSP-Leiter.

Ein anderer Punkt betrifft die Vernetzung. „Sowohl bei EXOS wie auch an der UCLA ist das Training und die Diagnostik sehr eng zusammengerückt“, erläutert Lamsfuß. Darüber hinaus seien die Physios fest ins Training im Kraftraum integriert. „Dies wollen wir auch schaffen und dadurch Synergien besser nutzen“, sagt Lamsfuß.  Weiter sollen im modernen Kraft-Kompetenz-Centrum am Stuttgarter OSP schon zeitnah Inseln zur Erholung und Regeneration entstehen. In diesem Zusammenhang lobt Bauder: „Dass der OSP die Partnerschaften mit Powerbar und Blackroll hat, ist ein sehr guter Schritt.“

Als Sprengel und Eitel das Erinnerungsfoto vor dem Olympiastadion machten, war Schneider bereits nach Florida weitergereist. In Gainsville durfte sie beim zweimaligen Dreisprung-Olympiasieger Christian Taylor und dessen Frau Beate trainieren. Die wurde als Beate Schrott von Schneiders Coach Sven Rees, dem Landesleistungssportdirektor der Leichtathletik in Baden-Württemberg, betreut. Und danach ging’s weiter nach Jamaika zu Shelly-Ann Fraser-Pryce, der dreifachen Sprint-Olympiasiegerin und elffache Weltmeisterin.

Schneider wie auch Eitel und Sprengel haben viele neue Übungsformen kennengelernt. Coach Bauder will diese peu à peu ins tägliche Training einbauen. Schneller lässt sich ein anderer Punkt umsetzen. Tabea Eitel und Sandrina Sprengel wollen das Bild vor dem Memorial Coliseum vergrößern lassen und aufhängen. Damit sie ihr großes Ziel immer vor Augen haben. Klaus-Eckhard Jost