Armin Harys Olympiasieg und seine Folgen: Seit mehr als 50 Jahren macht Werner Späth junge Frauen schneller, damit sie bei Olympischen Spielen starten können.
Diese Nachricht konnte Werner Späth nicht lange für sich behalten. Unmittelbar nachdem der Leichtathletiktrainer des VfL Sindelfingen erfahren hatte, dass er für sein Lebenswerk den Trainerpreis des Landessportverbandes Baden-Württemberg (LSVBW) erhalten wird, hat der 78-Jährige sofort zum Telefon gegriffen. Seine „Mädels“, wie Späth seine Athletinnen nennt, sollten unbedingt bei der Preisverleihung im Porsche-Museum in Stuttgart dabei sein. Elfgard Schittenhelm, Heidi-Elke Hudak-Gaugel, Ulrike Sarvari, Stephanie Kampf, Birgit Hamann-Wolf, Nadine Hildebrand und Carolina Krafzik – alle hat er zu Olympischen Spielen geführt.
„Werner ist ein absolut einzigartiger Trainer, für ihn steht immer die Athletin im Vordergrund“, sagt Nadine Hildebrand. Auch nach einem erfolgreichen Lauf bleibt er dezent im Hintergrund. „Das ist dein Erfolg“, sagt er. Erst auf dem Einlaufplatz erfolgt die Gratulation. „Werner hat einen unheimlich großen Erfahrungsschatz und ein sehr geschultes Auge“, lobt Carolina Krafzik. Hildebrand konkretisiert diese Aussage: „Er hat ein absolut magisches Auge und kann anhand seines Eindrucks beim Einlaufen und den Trainingswerten sagen, welche Zeit man ins Ziel bringt.“
Motivator
Begonnen hat die leichtathletische Karriere von Werner Späth mit den Olympischen Spielen 1960 in Rom. „Als Armin Hary Gold im 100-Meter-Lauf gewonnen hat, hat mich der Sprint fasziniert und motiviert“, erzählt der Trainer über seine Initialzündung. Einige Jahre später entdeckte er als Trainer der Spvgg Holzgerlingen das Sprinttalent Elfgard Schittenhelm. „Werner hat erkannt, dass ich schnell bin und hat sich meiner angenommen“, berichtet sie, „Werner konnte wunderbar motivieren, unter ihm habe ich mich kontinuierlich gesteigert.“ Im Jahr 1971 holte Schittenhelm mit Bronze bei den Europameisterschaften über die 100 Meter ihre erste internationale Medaille. Eine Verletzung, die sie sich im 4×100-Meter-Vorlauf bei den Olympischen Spielen 1972 zuzog, verhinderte, dass sie im Finale antreten konnte. Und der siegreichen Goldstaffel angehörte.
Sonderurlaub für Olympische Spiele
Immer wieder entwickelte Werner Späth in den folgenden Jahren Talente. Als Trainer des VfL Sindelfingen und zwischen 1977 und 1986 auch als Nachwuchstrainer des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV). In den darauffolgenden beiden Jahren war er DLV-Trainer Sprint Frauen. Dabei hat der gelernte Elektromechaniker die Trainertätigkeit immer neben seinem Beruf bei einem amerikanischen IT-Unternehmen, zuletzt als Leiter des Service Centers, ausgeübt. „Heute als Rentner weiß ich nicht mehr, wie ich das zeitlich geschafft habe, aber es ging. Einmal gab es zwei Wochen Sonderurlaub zu den Olympischen Spielen“, erinnert sich der Coach. Was hat ihn angetrieben? „Ich hatte immer Freude daran mit jungen Leuten zu arbeiten, sie zum Training und für Höchstleistungen zu motivieren.“
Richtige Balance
Natürlich muss ein Trainer auch einmal hart zu seinen Athletinnen sein. „Manchmal sind klare Ansagen nötig“, sagt Nadine Hildebrand und berichtet von einem Trainingslager, in dem sie nach Tempoläufen vor Erschöpfung am Boden lag und Trainer Späth sie einfach liegen ließ. „Die kommt schon wieder“, sagte er darauf angesprochen, ob er sich nicht einmal um sie kümmern wolle. Die fünffache Deutsche Meisterin lobt aber auch: „Werner findet die richtige Balance und weiß auch genau, wann eine Pause sinnvoller wäre als ein lockeres Training.“ Auch Ulrike Sarvari kommen gemeinsame Übungseinheiten in den Sinn: „Besonders gerne erinnere ich mich an die Samstagvormittage im Böblinger Wald. Vorher sind wir in die Backstube von Werners Frau gefahren. Ich durfte mir etwas mitnehmen, nach den Hügelläufen fand ich den Geruch der frischen Brezeln aber grauenvoll.“ Von nichts kommt eben nichts.
Stete Weiterentwicklung
Der passionierte Radfahrer selbst beschreibt seine Veränderungen im Laufe der Jahre durch permanente Weiterbildung und gewonnene Erfahrungen mit „weniger Umfänge, höhere Intensitäten und mehr Flexibilität im Training – und weniger stures Festhalten am Plan“. „Neben seiner Berufung des Trainers zeichnet ihn sein offenes Ohr, seine Ehrlichkeit und sein Verständnis für Privates, Berufliches und Sportliches aus“, sagt Karolina Kraftzik. Deshalb kommen alle seinen Athletinnen, wenn Werner Späth den Trainerpreis überreicht bekommt.