Stuttgart, 23. Januar 2024 – Bei der Trainerpreisverleihung des Landessportverbandes Baden-Württemberg (LSVBW) wurde Tino Uhlig, Ausdauertrainer am Stützpunkt Baiersbronn für Langlauf, Biathlon und Nordische Kombination, als Trainer des Jahres 2023 ausgezeichnet. Den Preis für sein Lebenswerk erhielt der ehemalige Basketball-Landestrainer Reiner Braun (Weilheim an der Teck). Den Sonderpreis der BARMER erhielt Judo-Trainer Matthias Krieger (Heidelberg). Mit dem Sonderpreis des LSVBW wurde Ralf Weber (Mannheim), ehemaliger Trainer von Weitsprung-Olympiasiegerin Malaika Mihambo, bedacht. Verónica Sapena-Mas, Leiterin Förderprogramm bei der Porsche AG begrüßte die Gäste und übergab die Preise wie auch Sandra Boser Staatssekretärin im Ministerium für Kultus, Jugend und Sport in Baden-Württemberg, LSVBW-Präsident Jürgen Scholz und BARMER-Landesgeschäftsführer Winfried Plötze vor etwa 180 Gästen im Porsche-Museum in Stuttgart aus Sport, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.

LSVBW-Präsident Jürgen Scholz brach die aktuelle Diskussion über vermeintlich fehlende Leistungsbereitschaft auf den Sport im Land herunter: „Das Engagement der Trainerinnen und Trainer im Land – egal ob ehrenamtlich oder hauptberuflich – kann man nicht hoch genug wertschätzen. Sie sind das Herzstück hin zur Leistung der Athleten, sind erfolgsorientiert wie ihre Athletinnen und Athleten auch. Weil wir beim LSVBW diesen aufopfernden Einsatz zu schätzen wissen, ehren wir die Trainerinnen und Trainer bereits seit 27 Jahren.“

„Athletinnen und Athleten – ob Amateure oder Profis – sind auf gute Trainerinnen und Trainer angewiesen. Bestleistungen sind ohne sie nicht möglich. Sie treiben an, sind persönliche Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner, sie fordern heraus, unterstützen und führen – und haben damit eine herausragende Funktion in den Sportvereinen. Kurzum: Ihre Arbeit verdient Aufmerksamkeit, Anerkennung und Lob“, sagt Sandra Boser MdL, Staatsekretärin am Sportministerium, und ergänzt: „Dafür steht der Trainerpreis. Ich gratulierte den Ausgezeichneten von Herzen, sie stehen stellvertretend für das bewundernswerte Engagement unserer Trainerinnen und Trainer in Baden-Württemberg.“

BARMER-Landesgeschäftsführer Winfried Plötze hob bei Matthias Krieger, der den BARMER-Sonderpreis für soziales Engagement erhalten hat, hervor, was grundsätzlich für alle erfolgreichen Trainer gilt: „Wir denken zu oft problem- und nicht lösungsorientiert. Wir sagen zu oft: ‚Das geht nicht!‘ oder ‚Das kann ich nicht!‘ Diese Lebenseinstellung können wir uns aber aus mehreren Gründen nicht leisten. Matthias Krieger zeigt uns, was geht. Seine sportlichen Erfolge, seine Leistungsbereitschaft und seine positive Lebenseinstellung sind inspirierend. Menschen wie Matthias Krieger können uns positiv beeinflussen. Und solche Vorbilder braucht unsere Gesellschaft.“

Trainer des Jahres 2023: Tino Uhlig

Man kann die Trainerkarriere von Tino Uhlig als den klassischen Weg bezeichnen. Als Skilangläufer war der 47-Jährige aus Baiersbronn erfolgreich, nahm an zwei Paralympischen Spielen teil. Über seine Kinder fand er den Einstieg als Coach. In der Zwischenzeit betreut er Jugendliche am Stützpunkt Baiersbronn, gehört zu einem Trainertrio mit Jonathan Siegel und Klaus Faißt. Vorrangig leitet Uhlig, bei dem seit einem Motorradunfall die Nerven der rechten Hand geschädigt sind, das Ausdauertraining. Zu dieser Trainingsgruppe gehört Nathalie Armbruster, die zweifache Vize-Weltmeisterin in der Nordischen Kombination.

Etwa zwölf Athletinnen und Athleten umfasst die bunt gemischt Trainingsgruppe. Neben Kombiniererin Armbruster gehören auch Speziallangläufer und Biathleten dazu. „Das Niveau innerhalb der Trainingsgruppe ist schon sehr breit“, erläutert die 18-Jährige, die die Älteste im Team ist. Die Zweite im Gesamt-Weltcup des vergangenen Winters gehört dem Olympiakader an, Kombinationskollegin Fabienne Klumpp ist im C-Kader. Die anderen werden in einem Kader von Ski Baden-Württemberg geführt. „Es ist eine besondere Gabe von Tino, dass er unsere sehr unterschiedlichen Leistungsstandards individuell handhaben kann“, lobt Armbruster eine besondere Gabe von Uhlig, „er geht immer auf jeden Einzelnen ein.“

Alle Mitglieder der Trainingsgruppe schätzen an Uhlig, dass er nicht nur die Trainingseinheiten leitet, sondern auch immer aktiv mitläuft. „Das ist wahnsinnig wertvoll“ sagt Kombiniererin Armbruster, „im Gespräch mit meinen Teamkolleginnen habe ich gemerkt, dass das nicht selbstverständlich ist.“ Und bewundernd erwähnt sie, dass sie gegen ihren Trainer, obwohl der nur mit einem Stock läuft, keine Chance habe. „Das treibt wahnsinnig an, wenn immer einer da ist, der hinter dir läuft, der vor dir das Tempo macht, der schaut, wie du läufst und dich dann kurz korrigiert: Achte auf deine Arme, achte auf das…“ Man schrubbe eben nicht nur Kilometer, die der Trainingsplan vorgibt, sondern entwickele eine saubere Lauftechnik. Ohne Fehlerbild. Denn obwohl Nathalie Armbruster längst in der Weltspitze angekommen ist, sieht sie sich noch am Anfang ihrer Karriere.

Neben der Trainertätigkeit kümmert sich Tino Uhlig auch noch um die Sportstätten des SV Baiersbronn. Neben der Schanzenanlage am Ruhestein ist dies das Trainingszentrum im Bergergrund mit einer Mattenschanze für die Kleinsten.

Ehrenpreis für das Lebenswerk: Reiner Braun

Als die deutschen Basketball-Männer im September in Manila Weltmeister geworden waren, freute sich natürlich auch Reiner Braun im fernen Weilheim an der Teck. Es war keine überschwängliche Freude, sondern stille Genugtuung. Schließlich hatte Braun als ehemaliger Landestrainer seinen Anteil dazu beigetragen. Isaac Bonga zum Beispiel, einer aus dem Weltmeister-Team, hat regelmäßig an Lehrgängen mit Reiner Braun teilgenommen. Bundestrainer Gordon Herbert hat in der Stunde dieses Triumphes die vielen Trainer, die sich dem Nachwuchsleistungssport verschrieben haben, nicht vergessen zu erwähnen.

Einer davon war Reiner Braun. Mehr als 40 Jahre war der heute 66-Jährige Trainer im Basketball-Verband Baden-Württemberg (BBW). Ein gutes Dutzend A-Nationalspieler hat er trainiert, die bekanntesten neben Pascal Roller und Robert Maras ist sicherlich Paul Zipser, der beim USC Heidelberg begann, zu Bayern München wechselte, zwei Jahre in der NBA bei den Chicago Bulls spielte und über den FC Bayern nun wieder im Lande für die Academics Heidelberg spielt. „Außer Frage steht, dass du für mich nicht nur ein Trainer warst“, sagte Zipser in einer Videogrußbotschaft an Braun anlässlich der Verleihung des Trainerpreises des Landessportverbandes Baden-Württemberg (LSVBW) für dessen Lebenswerk. „Du hast viele erziehungstechnische Maßnahmen ergriffen, was dich auch ab und zu in die Rolle einer Vaterfigur geschubst hat“, führte Zipser weiter aus, „die du sehr sehr gut erfüllt hast.“

Reiner Braun ging es nicht nur um den reinen Sport. Ihm ging es auch um die Macht der Verständigung, die der Sport leisten kann. Der studierte Französischlehrer hatte ein großes Faible für Frankreich. Über Jahrzehnte hinweg kamen französische Teams nach Deutschland und seine Auswahlen gingen ins Elsass, nach Saumur, nach Lothringen. Grenzüberschreitend hat er für viele Begegnungen gesorgt.

Innerhalb der Sportorganisation wirkte Braun weit über das Spielfeld hinaus. Als Sprecher der Landestrainer war er ein leidenschaftlicher Kämpfer für die passenden Arbeitsbedingungen für seine Zunft. „Diskussionen mit ihm, Forderungen von ihm in Richtung Deutscher Basketball Bund und Bundestrainer waren nicht immer von gegenseitiger Sympathie geprägt: Reiner konnte und kann nerven! Was er umgekehrt auch von uns behauptet“, sagte DBB-Vizepräsident Joachim Spägele in seiner Laudatio. Eines rechnete er Braun hoch an: „Aber es ging ihm immer um die Sache!“

Wie gut Baden-Württemberg innerhalb des DBB aufgestellt ist, lässt sich mit einem Blick in die Statistik der Bundesjugendlager ersehen. Fünfmal gewannen die von Reiner Braun betreuten Mannschaften dieses Turnier, wurden also Deutsche Meister. 17-mal kam das BBW-Team unter die letzten Drei.

DBB-Präsidiumsmitglied Spägele hatte zur Preisverleihung auch den WM-Pokal mitgebracht. Mit Blick darauf sagte er: „Dieser Pokal steht für den größten Erfolg des deutschen Basketballs. Er ist das Ergebnis eines perfekten Puzzles. Ein kleines Puzzle-Teil gehört auch Reiner Braun.“

Sonderpreis der BARMER: Matthias Krieger

„Einen besseren Nachfolger hätte ich mir nicht wünschen können“, sagt Stefan Saueressig-Fröhling über Matthias Krieger, der ihn 2021 als Co-Bundestrainer der Judoka im Deutschen Behindertensportverband (DBS) beerbt hat. Dies betreffe sowohl den Menschen als auch den Trainer Krieger. Zum einen stehe er für Werte wie Pünktlichkeit, Verlässlichkeit, Korrektheit und Standhaftigkeit. „Besonders imponiert, dass Matthias seine Position vertritt, auch wenn er dafür Gegenwehr ernten sollte“, erklärt Saueressig-Fröling. Aber der 39-Jährige, so Saueressig-Fröling, „trägt auch im sportlichen Bereich viele Ideen und Übungsformen weiter, die wir gemeinsam entwickelt haben“.

Seit Geburt verfügt Matthias Krieger nur über ein vermindertes Sehvermögen. Doch er hat früh gelernt damit zu leben. „Sein Motto: Nicht jammern, sondern immer versuchen, eine Lösung zu finden“, charakterisiert Bundestrainerin Carmen Bruckmann den Mann mit den schlohweißen Haaren.

Nach dem Abitur studierte er zunächst Jura, schwenkte dann aber auf Lehramt (Mathematik, Biologie, Religion) um. Mit diesem Studium war er nach den Paralympics 2012 in London fertig. Seitdem ist er an der Integrierten Gesamtschule Herzogenried, einer Brennpunktschule in Mannheim, tätig. „Matthias ist nicht nur einfach Lehrer, der seinen Unterricht abhält“, berichtet Bruckmann, „sondern als stark sozialengagierter Mensch macht er viele soziale Projekte.“

Zu seiner inklusiven Trainingsgruppe zwischen 20 und 30 Athleten. Darunter auch Lennart Sass. Von den Weltmeisterschaften der sehbehinderten und blinden Judoka kehrte er im vergangenen August mit einer Bronzemedaille heim, nachdem er wenige Wochen davor Silber bei den Europameisterschaften gewonnen hatte. Die Judo-Zwillinge Jan und Julia Mollet, beide mehrfache Deutsche Meister, betreut er von klein auf.

Sonderpreis des LSVBW: Ralf Weber

Es ist eine Zeitreise, 20 Jahre zurück. Beim TSV Oftersheim betreut Leichtathletik-Trainer Ralf Weber eine Gruppe Kinder und Jugendliche. Alle aus dem Ort und der nahen Umgebung. Eine davon war Malaika Mihambo. Sie ist Weber schon früh aufgefallen. Aber da waren eine ganze Menge andere, die möglicherweise ähnlich talentiert waren.

Im Vordergrund stand für den Pädagogen sowieso erst einmal die Gruppe. Für sie gestaltete er das Training vielseitig mit dem Ziel, dass die Kinder und Jugendliche alle leichtathletischen Disziplinen kennenlernen. Konsequenterweise war Malikas Mihambos erster Deutscher Meistertitel dann auch der Titel mit ihrer Siebenkampf-Mannschaft. „Ich bin sehr behutsam an den Leistungssport geführt worden, wurde in der Jugend nicht verheizt und habe viel gelernt,“, hat die Weitsprung-Olympiasiegerin Jahre später in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung gesagt.

Natürlich hatte Ralf Weber auch eine eigene Familie – Frau und drei Kinder. Und einen Beruf als Lehrer. Die meiste Zeit in der Schule, später dann auch beim Regierungspräsidium in Karlsruhe. Abends immer Training. Dazwischen Trainingsplanung und Wettkampfplanung. Fahrten zu Wettkämpfen und in Trainingslager.

Weil der heute 53-Jährige nicht alles abdecken konnte, hat er sich Unterstützung geholt. Für das Krafttraining bei seinem Vereinskollegen Werner Heger. Früher mal Deutscher Meister im Kugelstoßen. Und für den Sprint bei Valerij Bauer in Mannheim. Unterstützung gab es später auch durch das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport und den Landessportverband Baden-Württemberg (LSVBW). Als sogenannter Lehrertrainer war sein Stundendeputat an der Schule zugunsten des Leistungssports reduziert worden.

Dass sich seine Beharrlichkeit und diese Hinzunahme weiterer fachlicher Expertise ausgezahlt hat, zeigte sich bei den Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften, von denen Malaika Mihambo mit Gold ins heimische Oftersheim zurückkehrte.

Nach dem WM-Erfolg 2019 und der bis heute gültigen Bestweite von 7,30 Meter hatte Ralf Weber Ende 2020 die Zusammenarbeit aus persönlichen Gründen beendet. „Ich blicke mit viel Dankbarkeit zurück auf die Zeit, die wir zusammen hatten“, würdigte Mihambo ihren Entdecker. Trotzdem hatte er die Basis für die weiteren Erfolge gelegt. Übernommen hat die Athletin Malaika Mihambo Bundestrainer Ulrich Knapp.

Dass Ralf Weber ein Jahr später seiner Familie Priorität eingeräumt und sich vom Leistungssport verabschiedet hat, „sei für viele überraschend gekommen“, wie Sven Rees, Geschäftsführer von Leichtathletik Baden-Württemberg, bei der Verleihung des LSVBW-Trainerpreises ausführte, „aber auch das verdient Respekt. Wie vieles, das er vorher gemacht hat.“

Erste Bilder von der Preisverleihung stehen unter diesem Link zur Verfügung.
Bitte folgenden Fotovermerk verwenden: LSVBW/Fabian Schumacher.

Hintergrund

Als der Landessportverband Baden-Württemberg 1996 zum ersten Mal einen Trainerpreis auslobte, betrat er Neuland. Die 27. Verleihung, die er gemeinsam mit seinen Partnern, dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg und der BARMER sowie mit freundlicher Unterstützung der Porsche AG durchführen konnte, ist der Beleg, dass der LSVBW die engagierte Arbeit der Trainerinnen und Trainer wertschätzt.