Training mit Olympiasiegern und Weltrekordlern: Freistilspezialist Josha Salchow bereitet sich in Adelaide auf die Olympischen Spiele in Paris vor.
Vom 26. Juli bis 11. August 2024 finden in Paris die Olympischen Spiele statt. Dieses Ziel haben auch Sportler und Sportlerinnen aus Baden-Württemberg. „Sport in BW“ stellt aussichtsreiche Medaillenkandidaten vor.

„In Adelaide habe ich die besten Trainingsbedingungen, die ich mir wünschen kann“, sagt Josha Salchow geradezu euphorisch. Dann erzählt der 24-jährige Schwimmer von seinen Trainingseinheiten mit Olympiasieger Kyle Chalmers und Weltmeister Matt Temple. Im nächsten Moment wird der Freistilspezialist vom SV Nikar Heidelberg auch nachdenklich, indem er fragt: „Aus welchem Grund nehmen die dich hier auf? Warum trainieren die mich? Überspitzt gesagt trainieren sie einen Konkurrenten.“ So ganz stimmt dies nicht, denn von seinen Leistungen ist der Deutsche schon noch ein wenig entfernt von der eines Chalmers oder Temple. Aber dir Lücke schließt sich immer weiter. Über die 100 Meter Freistil steht seine Bestzeit seit dem Frühjahr bei 48,63 Sekunden, über die 200 Meter Freistil hat er sich auf 1:47,91 Minuten gesteigert.

Begonnen hat das Abenteuer Australien für Josha Salchow im Sommer 2022. Das BWL-Studium an der Universität Mannheim sieht ein Auslandssemester vor. „Dieses Auslandssemester musste zu meinem Sport passen“, erläutert Salchow. Infrage kamen dafür die USA oder Australien. „Die USA waren draußen, weil im College-System immer nur ein ganzes Jahr möglich ist“, erklärt der Schwimmer. Dann hätte er entweder in Deutschland ein Urlaubssemester einlegen müssen. Oder in den USA aussteigen müssen, „was meiner Reputation geschadet hätte“.

Wegen einer Corona-Infektion hat Salchow die WM 2002 in Budapest verpasst. Und damit auch die Chance Trainer Peter Bishop und dessen Athleten kennenzulernen. Als er sich dann nach Down under machte, hatte er lediglich für zehn Tage ein Aurbnb-Hotel gebucht. „Dadurch war ich gezwungen auf die Leute zuzugehen“, erzählt Salchow. So erfuhr er von einem Zimmer in einer Wohngemeinschaft mit zwei Mitgliedern aus seiner Trainingsgruppe, das gerade frei wurde. „Insofern hatte ich gleich Leute um mich herum, die mir die Abläufe erklärt haben. Dadurch war ich sofort integriert.“

Doch was macht den Unterschied in der Trainingsphilosophie zwischen Australien und Deutschland aus? „Überrascht hat mich, dass wir weniger trainiert haben als in Deutschland“, sagt Salchow, „aber die Akzentuierung der Einheiten war eine andere. Es war eine speziellere, klarere Ausrichtung.“ Während in Deutschland nach der Saison zunächst wieder die Basics mit Training der Grundlagenausdauer gelegt werden, herrsche in Australien die Philosophie, dass sich die Athleten zu dieser Zeit auf dem höchsten Niveau im Bereich Schnelligkeit befänden, das werde dann beibehalten. „In jeder Einheit sind schnelle Einheiten mit dabei“, berichtet der 2,03 Meter große Schwimmer.

Auch was die Betreuung betrifft, gibt es eklatante Unterschiede. „Wir sind acht Athleten in der Gruppe, haben eine Headcoach, einen Cotrainer, dann stehen uns zwei Diagnostiker, ein Physio und ein Trainingswissenschaftler zur Verfügung“, zählt Salchow auf, „wenn wir Serien schwimmen, stehen gefühlt fünf, sechs Mann am Beckenrand.“

Als sich der Aufenthalt dem Ende zuneigte, musste sich Josha Salchow entscheiden, wie es weitergeht. Zurück nach Heidelberg oder weiter in Adelaide? Was habe ich für Möglichkeiten? Was möchte ich erreichen? Hinter welcher Entscheidung stehe ich? Würde ich etwas bereuen? „Was mir die Australier geben konnten, hatte nichts mit finanziellen Aspekten wie zum Beispiel einem Stipendium fürs Studium zu tun, sondern ich kann hier mit Olympiasiegern, mit Weltmeistern, mit Weltrekordhaltern trainieren“, sagt Salchow. Deshalb war für ihn klar: „Dieses Angebot kann ich nicht ablehnen. Wenn die Trainer oder Schwimmkollegen einem sagen, dass sie sich freuen, mich weiterhin in der Trainingsgruppe zu haben, macht es die Entscheidung noch leichter.“ Und dies bis zu den Olympischen Spielen in Paris.

„Ich bin nicht mehr an der Uni Mannheim, aufgrund der Entfernung und Zeitverschiebung nach Australien habe ich mich zusammen mit meinem Laufbahnberater vom Olympiastützpunkt Metropolregion Rhein-Neckar Christoph Steinbach, mit dem ich im regen Austausch stehe, ein Fernstudium entschieden“. An der SRH-Fernhochschule (Mobile University) wurden ihm ein Großteil aller Kurse aus Mannheim und Adelaide angerechnet. „Da ist natürlich Selbstdisziplin gefragt“, gibt Salchow zu, „wenn man sich aussuchen kann, wann man Klausuren schreiben und Arbeiten abgeben will.“ Aber das klappe bislang sehr gut.

Und wie finanziert Josha Salchow seinen Auslandsaufenthalt? „Ich bin in der Sportfördergruppe der Bundeswehr und bekomme zudem Unterstützung durch die Sporthilfe und meinen Verein“, sagt er. Zusätzlich unterstützt auch das Land Baden-Württemberg mit der Stiftung Spitzensportland Siegerchance. „Und den Rest steuern meine Eltern bei“, so der Schwimmer.

Nachdem Josha Salchow die Teilnahme an den Olympischen Spielen in Tokio knapp verpasst hat, lauten seine Ziele für Paris 2024: „Realistisch habe ich die größten Chancen über die 100 Meter, wäre mit dem Halbfinale zufrieden.“ Mehr ist sicherlich mit der 4×200-Meter-Staffel möglich. „Die Teilnahme am Finale wäre sehr sehr besonders.“ Bis dahin ist es noch ein weiter Weg mit viel harter Arbeit.