Annett Kaufmann gilt als Ausnahmetalent an der Tischtennisplatte: Trainer und Kolleginnen trauen der 17-Jährigen viel zu. Vom 26. Juli bis 11. August finden in Paris die Olympischen Spiele statt. Dieses Ziel haben auch Sportlerinnen und Sportler aus Baden-Württemberg. „Sport in BW“ stellt aussichtsreiche Medaillenkandidaten vor.

Annett Kaufmann gilt mit ihren 17 Jahren als Ausnahmetalent. Bei der Jugend-WM hat die Bietigheimerin, die für den SV Böblingen spielt, Platz drei im Einzel und Platz zwei im Doppel und Mixed belegt. Bei den Europameisterschaften der Schüler 2021 triumphierte sie im Einzel, Mixed und Team, aber auch schon in der U21-Klasse, was ihr die Ehrung als Nachwuchssportlerin des Jahres“ einbrachte. 2022 gewann sie die U19-Titel im Einzel und Mixed.
Richtig große Stücke auf Kaufmann hält auch ihre Mannschaftskollegin Qianhong Gotsch. „Ich halte es schon für möglich, dass Annett bei Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen eine Medaille gewinnen kann“, sagt die Deutsch-Chinesin. Mit ihren 55 Lebensjahren und der Expertise als Europameisterin verfügt sie über genügend Erfahrung, um so etwas beurteilen zu können. An Edelmetall glaubt aber auch Annett Kaufmann selbst: „Ich träume davon, eine olympische Medaille zu holen. Wenn es klappt, dann am liebsten Gold.“ Ihre Vorzüge beschreibt Lara Broich. „Annett hat einen Spielwitz, den kann man sich nicht antrainieren“, sagt die Nachwuchs-Bundestrainerin, „und sie ist relativ frech. Wir werden noch viel Spaß daran haben, was sie uns zeigt.“
Große Ziele – für Annett Kaufmann kein Problem. „Ich bin vom Charakter ein Mensch, der nicht ängstlich, sondern offensiv agiert und sagt: Das probiere ich jetzt mal aus.“ Mit Erfolg, wie der Werdegang ihrer Laufbahn zeigt. „Ich war mein Leben lang immer die Jüngste“, erzählt sie. Dies begann damit, als sie als Vierjährige gemeinsam mit ihrer vier Jahre älteren Schwester Alexandra zum Tischtennistraining beim TTC Bietigheim-Bissingen ging. Von Beginn an hatte sie ehrgeizige Ziele: „Ich wollte natürlich auch so viele Pokale wie sie haben“.“ Dies ist ihr fraglos gelungen. Fortgesetzt hat sie ihre Karriere beim SV Böblingen, für den sie mit 13 Jahren zum ersten Mal in der Bundesliga spielte. Oder in den diversen Nationalteams.
Große Unterstützung erhielt sie von Anfang an durch ihre Familie. Kein Wunder. Vater Andrej hat Eishockey gespielt, wurde 2009 mit den Bietigheim Steelers Meister in der zweiten Liga. Mutter Anna war eine alpine Skiläuferin. „Dieser Support, den ich von meinen Eltern und meiner Schwester bekomme, gibt mir Kraft und ist nicht selbstverständlich“, sagt die 1,85 Meter große Linkshänderin.
In diesen Tagen und Wochen allerdings steht Tischtennis bei Annett Kaufmann nur an zweiter Position. In Bietigheim stehen am Ellental-Gymnasium die letzten Klausuren vor dem Abitur an. Und danach? „Ich will auf jeden Fall weiter Tischtennis spielen“, sagt sie. Zunächst will sie das für ein Jahr als Vollprofi ausprobieren. „Wenn ich allerdings merke, dass ich zum Tischtennis eine Abwechslung brauche, dann würde ich in Betracht ziehen mit einem Studium zu beginnen“, erläutert sie ihren Plan B. Was für ein Studium? Die Richtung ist klar, möglich wären zwei Varianten. „Entweder ich gehe zur Polizei im gehobenen Dienst als Kriminalkommissarin Richtung Kriminologie“, sagt sie, „meine Alternative wäre ein Studium in die forensische Richtung. Dafür muss man aber erst das Grundstudium in Psychologie machen.“ Schon als kleines Kind habe sie gerne Krimis gelesen, später folgten Krimiserien im Fernsehen – amerikanische und britische.
Doch das ist noch Zukunftsmusik. Ebenso, für welchen Verein sie in der kommenden Saison spielen wird. Denn der SV Böblingen hat angekündigt, seine Frauen-Mannschaft nach dem Ende der Saison aus der Bundesliga abzumelden. Trainieren wird Annett Kaufmann allerdings weiter in Böblingen.
Und dann finden im Sommer noch die Olympischen Spiele in Paris statt. Auch wenn die offizielle Nominierung erst später erfolgt, hofft Annett Kaufmann dort teilnehmen zu können. Es wäre der erste Schritt, sich ihrem Kindheitstraum anzunähern – der olympischen Medaille.