Stuttgart, 22. Mai 2024 – Das erste Sportmedizinische Symposium des Landessportverbandes Baden-Württemberg (LSVBW) und den vier sportmedizinischen Untersuchungszentren an den Uniklinika des Landes Baden-Württemberg war ein voller Erfolg. Die 150 Teilnehmer hörten Vorträge von international renommierten Referenten vom medizinischen Gesundheitsmanagement bis zu riskantem Ernährungsverhalten, von Schutzmaßnahmen gegen (sexualisierte) Gewalt bis zu neuesten Entwicklungen im Bereich Laufschuhe, den Performance-Schuhen.

Ein Schwerpunkt lag auf Nachhaltigkeit. In ihrem Keynote-Vortrag beschäftigte sich Professorin Astrid Schubring von der Deutschen Sporthochschule Köln mit „Biopsychosoziale Nachhaltigkeit im Nachwuchsleistungssport – Widerspruch oder Zukunftsperspektive?“. Was bedeutet dies? „Jugendliche Athleten sollen zum einen die physischen, die psychischen, aber auch die sozialen Voraussetzungen haben, um in allen Karrierephasen den geforderten Anforderungen gerecht zu werden. Das kann zum Beispiel eine nachhaltige Karriereentwicklung sein, oder eine Entwicklung, wo Gesundheit über die Herausforderung hinaus gegeben ist.“ Dazu bedarf es entsprechenden Betreuungsstrukturen, dass den Athletinnen und Athleten eine langfristige Karriereperspektive aufgezeigt wird, „dass sie von kompetentem Betreuungspersonal versorgt werden, dass eine Förderung für den Nachwuchsbereich vorhanden ist, dass eine entsprechende medizinische Betreuung garantiert ist“. Schließlich sollen die jungen Sportler auch nach ihrer Karriere noch unbeschwert Sport treiben können.

Einen Verbesserungsvorschlag machte Professor Andreas Nieß, Ärztlicher Direktor der Abteilung Sportmedizin am Universitätsklinikum Tübingen. „Wenn junge Sportler mit dem Leistungssport aufhören und aus dem Fördersystem ausscheiden, dann haben wir keinerlei Daten, wie es ihnen danach ergeht“, so Nieß. Deshalb setzt die Argumentation von Professorin Birgit Friedmann-Bette früher an. „Nachhaltigkeit ist, die Athleten medizinisch so zu betreuen, dass sie nach ihrer Karriere ein gutes Leben führen können“, sagt die Sportmedizinerin vom Universitätsklinikum Heidelberg. Zu einer nachhaltigen Entwicklung, so die einhellige Einschätzung von Medizinern, Trainern und Sportlern bei einer Diskussionsrunde, gehört auch genügend Regenerationszeit.

Als LSVBW-Hauptgeschäftsführer lenkte Ulrich Derad seinen Blick auf die Entwicklung der heranwachsenden Talente. „Wenn wir sagen, dass der Athlet im Mittelpunkt steht, dann sollten wir alles auch aus der Perspektive des Athleten anschauen“, sagte der ehemalige Handball-Nationalspieler. Dabei sei es wichtig, von „genormten Denkweisen wegzukommen, wie Karrieren verlaufen sollen, denn es gibt nicht nur den einen Weg. Es gibt Talente auf der Überholspur. Es gibt aber auch diejenigen, über die lange gesagt wird: ,Der schafft das nie!‘ Und dann gelingt ihm doch noch der Durchbruch.“ Deswegen stellte Daniel Hager-Mann Ministerialdirektor im Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg, die Frage: „Mich macht nachdenklich: Passen die Strukturen noch zu den Bedürfnissen? Sind die Systeme gut aufeinander abgestimmt?“

Die Systemfrage stellte mit seiner mehr als 30-jährigen Erfahrung als Basketball-Landestrainer auch Reiner Braun. „Entscheidend für eine nachhaltige Entwicklung von jungen Sportlern ist auch, dass der Trainer nicht angewiesen ist, Jahr für Jahr Ergebnisse im Sinne von Platzierungen bei Turnieren abzuliefern.“ Der ausgebildete Pädagoge konnte langfristig arbeiten. Und seinen Nachwuchsspielern gab er mit auf den Lebensweg: „Natürlich will jeder Nationalspieler werden. Aber wenn einer das nicht schafft, ist er kein Versager. Es gibt noch mannigfaltige Entwicklungsmöglichkeiten im Sport wie Trainer, Funktionär oder Schiedsrichter zu werden.“