Eigentlich noch weit in der Zukunft, bringt die im vergangenen Jahr durch die Europäische Kommission erlassene Beschränkung von Mikroplastik Teile des Sports schon jetzt unter Zugzwang. Vor allem die Sportarten sind davon betroffen, die auf Kunststoffrasenplätzen betrieben werden.

Im Oktober 2023 hatte die Europäische Kommission auf Empfehlung der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) die Verordnung (EU) 2023/2055 erlassen. Darin geht es um synthetische Polymermikropartikel. Darunter versteht die ECHA Plastikpartikel mit einer Größe von weniger als fünf Millimetern, die organisch, unlöslich und abbaubeständig sind. Weit bekannt ist dies als Mikroplastik, das in vielen verschiedenen Produkten wie Waschmitteln, Kosmetika, Düngemitteln und Medizinprodukten enthalten ist, aber auch als Granulat auf synthetischen Sportflächen verwendet wird. Nach einem mehrjährigen Prüfverfahren stellte die ECHA fest, dass das in den Kunststoffrasenplätzen verfüllte Granulat sowohl gesundheits- als auch umweltschädlich sein kann. Schädliche Chemikalien wie polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), Metalle, Phthalate oder flüchtige und halbflüchtige organische Kohlenwasserstoffe hören sich in der Tat nicht wirklich gesund an. Deshalb, so die Europäische Kommission, dürfen vom 17. Oktober 2031 an synthetische Polymermikropartikel in Gemischen in einer Konzentration von 0,01 Gewichtsprozent oder mehr nicht länger in Verkehr gebracht werden.

Politik und Sport in Baden-Württemberg haben darauf schon reagiert und die Bezuschussung solcher Sportflächen beendet. Inzwischen werden Ersatzstoffe wie geschredderter Mais, Olivenkerne oder Sand verwendet. Es gibt aber weiterhin zwischen 6000 und 7000 Kunststoffrasenplätze in Deutschland, auf denen sich potenziell gesundheits- und umweltschädliches Mikroplastik befindet. Wohin und was damit tun? Das Projekt RewitAl sucht seit Anfang dieses Jahres Antworten auf diese und weitere Fragen. Die Hochschulen Aalen, Furtwangen und Pforzheim haben mit weiteren Partnern aus der Industrie und der Zivilgesellschaft ein Konsortium gegründet, um diese große Herausforderung anzugehen. Kürzlich haben sich die Partner zu einem ersten Austausch getroffen. Mit dabei auch der Landessportverband Baden-Württemberg. Während sich einzelne Unternehmen bisher mit Teilbereichen wie dem Recycling des Infills oder des Kunststoffbelags beschäftigen, kümmert sich RewitAl um alle Bestandteile eines Kunststoffrasenplatzes. Vor allem um die elastische Tragschicht unter dem Kunststoffrasenbelag hat sich bisher niemand so wirklich gekümmert. Die besteht aus alten Autoreifen und ist auch gesundheits- und umweltschädlich.

Um eine vollumfängliche Begleitung des Projekts durch verschiedene gesellschaftliche Akteure zu gewährleisten, wurde ein Beirat eingerichtet, der im Rahmen des Konsortialtreffens nun erstmals informiert wurde und in regelmäßigen Abständen tagen soll. Neben Akteuren aus dem Sport (Fußball- und Pferdesportverbände) gehören diesem Gremium Vertreter der Industrie (Europäischer Fachverband der Kunstrasenindustrie), des Naturschutzes (Landesnaturschutzverband, BUND), der Kommunen (Städtetag BW, Fachamt Sportstättenbau Hamburg, Bildungsbüro Ostalb) und das Institut für  Sportstättenprüfung an. Ziel ist ein kritischer und konstruktiver Informationsaustausch zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen Akteuren. Moderierte Workshops dienen hierbei als Plattform zur Reflektion der Umsetzungsschritte und der Projektergebnisse. Nach dem Projektstart im Februar 2024 und der inzwischen erfolgten Bildung der Forschungsteams an den drei Hochschulen ist die eigentliche Arbeit angelaufen. Die Teams beschäftigen sich beispielsweise damit, wie beim Abbau des gesamten Kunststoffrasenplatzes möglichst kein Mikroplastik mehr in die Umwelt geraten kann. Und wie verändert sich Kunststoff, der zehn, 15 oder 20 Jahre jeder Witterung aussetzt ist? Was passiert mit dem abgebauten Material? Kann es chemisch oder thermisch wiederverwertet werden? Kann daraus ein Stoffkreislauf entstehen? Könnte sich aus den Forschungsergebnissen ein Geschäftsmodell entwickeln? Nicht nur die Sportwelt darf gespannt sein, welche Ergebnisse am Ende der vierjährigen Projektphase stehen.

Ohne die finanzielle Unterstützung des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung Baden-Württemberg (EFRE) wäre die Durchführung des Projekts nicht möglich. Mit Hilfe des EFRE können all diese Fragen in den nächsten vier Jahren bearbeitet werden. Zum Wohle aller Beteiligten und der Umwelt.