Beim „Jugendpolitischen Abend“ der Baden-Württembergischen Sportjugend (BWSJ) wurde nicht nur angeregt über die „Vielfalt im Kinder- und Jugendsport“ diskutiert, die drei jugendpolitischen sowie der eine sportpolitische Sprecher aus dem Landtag mussten sich auch bewegen. Fazit der Politiker nach dem Jugendpolitischen Abend: Wir müssen im Kinder- und Jugendsport vieles anders machen und die Vereine unterstützen.

Sport ist verbindend, Sport ist integrativ, Sport ist vielfältig. Diese Eigenschaften reklamiert das Sportsystem gerne für sich. Ob es die „Vielfalt im Kinder- und Jugendsport“ tatsächlich gibt, diskutierten drei jugendpolitische sowie ein sportpolitischer Sprecher beim „Jugendpolitischen Abend“ der Baden-Württembergischen Sportjugend (BWSJ) bei einer hybriden Veranstaltung im SpOrt Stuttgart und auf YouTube. „So, wie es die Sportjugenden schon praktizieren, müssen wir schauen, dass das Wort Vielfalt bewältigt wird“, lobte Erwin Köhler von Bündnis 90/Die Grünen. Trotzdem nahm Jens Jakob, stellvertretender BWSJ-Vorsitzender, aus dem Abend mit: „Wir brauchen Strukturen und personelle Ressourcen für die Themen Integration, Inklusion und LGBTIQ. Einerseits um durch Aus- und Fortbildungen qualifizieren zu können, andererseits um eben diese Themen an die Basis – in unsere Sportvereine – zu bringen.“

In den drei Unterbereichen Integration, Inklusion und LGBTIQ bekamen die Politiker jeweils drei Fragen , die mit Ja oder Nein beantwortet werden konnten, gestellt. Diese konnten sie zunächst zu Fuß geben, indem sie sich bewegten. Nach vorne in den grünen Reifen bedeutete Zustimmung, nach hinten in den roten Reifen Ablehnung. Erst danach durften sie ihre detaillierte Begründung äußern.

Integration: Sport als Vorbild

„Aus meiner Sicht hat Integration im Sport immer funktioniert“, sagte CDU-Vertreter Manuel Hailfinger. Der Präsident des Sportkreises Reutlingen führt dafür als Beispiel an: „In vielen Sportvereinen arbeiten Menschen mit Migrationshintergrund in den Vorständen mit.“ In diesem Punkt pflichtet ihm sein SPD-Kollege Andreas Kenner bei: „Wenn alle gesellschaftlichen Gruppierungen so aktiv unterwegs wären wie der Sport, wären wir mit der Integration weiter.“ Dass Diskriminierung und Rassismus jedoch auch im Vereinssport vorkommen, lässt sich nicht leugnen. Es bedarf einer Sensibilisierung, Schulung und Beratung von Verantwortlichen und Übungsleitern, um diesem Problem aktiv zu begegnen.

Inklusion: Rahmenbedingungen stimmen nicht

Herausfordernd gestaltet sich das gemeinsame Sporttreiben von Menschen mit und ohne Handicap. Schließlich sind nicht alle Sportstätten behindertengerecht ausgebaut. Damit kann ein Teil der Gesellschaft nicht an allen Angeboten teilnehmen. „Deshalb muss der Sport unterstützt werden, um kreative Lösungen finden zu können“, fordert Dennis Birnstock, der in der FDP-Fraktion die Positionen des jugend- wie sportpolitischen Sprechers innehat. Alle Kreativität nutzt nichts, wenn die Rahmenbedingungen nicht stimmen. Kim Früh, Sport-Inklusionsmanagerin beim Badischen Behinderten- und Rehabilitationssportverband, berichtete, dass von 64 Anträgen zum barrierefreien Umbau einer Sportstätte 44 wegen des noch bestehenden Antragsstaus abgelehnt wurden.

LGBTIQ: Sport als Schutzraum

Nach einer Umfrage der Sporthochschule Köln haben 96 Prozent der LGBTIQ-Community in Sportvereinen über Probleme berichtet. Dabei sei der Sportverein neben der Familie und der Schule ein wichtiger Fixpunkt, weil diese Umfelder Entspannung böten. 20 Prozent der Befragten hatten in den vergangenen zwölf Monaten psychische und physische Gewalt erfahren. „Deshalb ist der Schutzraum in der Community verdammt wichtig“, so Köhler.

Sport braucht Unterstützung der Politik vor allem in struktureller Hinsicht

„Bei Integration und Inklusion haben wir Fortschritte gemacht, aber bei LGBTIQ stehen wir ganz am Anfang“, bilanzierte CDU-Mann Hailfinger. Das Fazit seines SPD-Kollegen Kenner nach diesem Abend lautete: „Wir haben gelernt, dass wir vieles anders machen und die Vereine hierbei unterstützen müssen.“ Dafür erhielt er die Zustimmung seiner Kollegen. Auch in einem anderen Punkt waren sich alle Politiker der verschiedenen Parteien einig. „Wir müssen die 49 Punkte zur Entbürokratisierung schnell angehen“, forderte Hailfinger. Birnstock benannte die Auswirkungen: „Wenn wir diese Arbeit für die Vereine verringern, dann können sie sich um wichtigere Dinge kümmern.“ Zum Beispiel um mehr Vielfalt.