Im Interview von SPORT in BW mit der Präsidentin des Landessportverbandes Baden-Württemberg (LSV), Elvira Menzer-Haasis, äußert sich diese über ihre ersten beiden Jahre im Amt sowie zu Fragen und Aufgaben der Zukunft

Frau Menzer-Haasis, Sie sind nun seit fast zwei Jahren Präsidentin des Landessportverbandes Baden-Württemberg. Welche Bilanz ziehen Sie nach dieser Zeit?
Ich bin sehr zufrieden. Wir haben einiges auf den Weg gebracht. Nehmen wir nur den Bereich Leistungssport, wo es ein durchaus ambitioniertes Ziel war, den Betriebsübergang der Olympiastützpunkte zum LSV bis zum 1. Januar diesen Jahres hinzubekommen. Aber wir haben es geschafft. Das war auch eine ausgezeichnete Arbeit des Hauptamts. Gleiches gilt für die Koordinierungsausschüsse – hier darf ich auch den Sportbünden ein großes Lob ob deren Zusammenarbeit zollen. Ansonsten gilt: Es waren bislang zwei intensive Jahre, in denen sich eingependelt hat, dass ich mindestens einen Jour-Fixe-Tag in Stuttgart habe, das ist der Mittwoch. Aber für den LSV aktiv und unterwegs bin ich natürlich an weit mehr Tagen in jeder Woche.

Sie haben die Geschäftsstelle mit Ulrich Derad, Simon Gräser und Bernd Röber an der Spitze angesprochen. Zum 1. April gab es nun eine weitere Veränderung.
Die Zusammenarbeit mit den von Ihnen genannten Personen läuft hervorragend, was freilich auch auf alle anderen Angestellten in der Geschäftsstelle zutrifft. Ulrike Hoffmann ist nun hauptsächlich für die Bereiche Sport und Umwelt sowie die Organisation von Veranstaltungen zuständig. Tim Lamsfuß ist neu im Team, organisiert und koordiniert Termine, also quasi das Tagesgeschäft, und ist in vielen Dingen erster Ansprechpartner für Herrn Derad und mich. Somit kann sich Bernd Röber als Referent für Sportpolitik wieder mehr der konzeptionellen Arbeit widmen, der Kontaktpflege zur Politik oder anderen Institutionen.

Kommen wir zum großen und originären Arbeitsfeld des LSV, dem Leistungssport: Die olympischen und paralympischen Winterspiele waren aus baden-württembergischer Sicht mehr als nur erfolgreich.
Ohne Wenn und Aber, das waren tolle Erfolge. Diese bestätigen im Wintersport aber gerade auch die Arbeit vor Ort mit den Heimtrainern, Stützpunkten, Internaten usw. Das ist zwar keine neue Erkenntnis, aber es ist schön zu sehen, dass das, ich nenne es einmal, Gesamtumfeld, welches den Aktiven hier in Baden-Württemberg geboten wird, so geschaffen ist, dass Erfolge auch eintreten können.

Ulrich Derad war ja hauptsächlich mit der Umsetzung der Leistungssportreform betraut.
Im Hauptamt nicht nur, aber hauptsächlich. Über zwei Jahre hinweg war er sehr oft unterwegs, war vor allen Dingen mit dem DOSB und dem Bund in Kontakt bezüglich der Reform im Bereich der Olympiastützpunkte. Ich bin sehr froh, dass wir nicht nur, aber auch, im Juni des letzten Jahres eine Vereinbarung mit den vorgenannten Institutionen treffen konnten, die – wie ich glaube – eine enorme Stärkung unserer leistungssportlichen Arbeit in Baden- Württemberg mit sich bringt. Hier war der LSV in Deutschland zeitlich führend, und ich danke allen, die sich im Land in dieser Sache über Monate hinweg engagiert haben. Nicht zuletzt auch dem Vorsitzenden des neuen LSV-Präsidialausschuss Leistungssport, PAuLe, sowie den OSP-Trägervereinsvorsitzenden. Zum 1. Januar, ich habe das ja bereits erwähnt, ging das Personal der Olympiastützpunkte dann in den LSV über. Wir haben damit zwar mehr zu tun, aber gerade auch der Bund hat sich über die Arbeit hier im Land und die reibungslos vollzogenen Übergänge mehr als nur lobend geäußert. Andere Bundesländer wären froh, wenn sie so weit wären wie wir. Jetzt gilt es, diese Reform, diese Änderungen nun auch so umzusetzen, dass Aktive und Trainer nachhaltig davon profitieren werden.

Seit zwei Jahren arbeitet nun auch der Präsidialausschuss Leistungssport mit dem fast schon amüsanten Namen PAuLe. Wie bewerten Sie dessen Arbeit?
Ich bin nicht Mitglied dieses Ausschusses, aber was ich höre klingt nicht nur gut, sondern die Mitglieder sind mehr als nur überzeugt, dass die Änderung hin zu einer Cluster-Zusammensetzung der Mitglieder genau die richtige Entscheidung war. Zudem ist Jürgen Scholz ein ganz hervorragender Vorsitzender. Seine klare und stringente Führung erlaubt es, dass die leistungssportlichen Themen des LSV und seiner Fachverbände adäquat und auf höchstem Niveau, und im Übrigen auch transparenter denn je, bearbeitet werden können.

Seit Jahren gibt es das SPITZENSPORTLAND Baden-Württemberg als Oberbegriff. Diese Einrichtung darf man aber durchaus mit noch mehr Leben erfüllen?

Sicherlich, aber zunächst ist es gut, dass man diversen Sportlern durch die eine oder andere Unterstützung auch zusätzlich unter die Arme greifen kann. Ich bin sehr froh, dass wir diese Möglichkeit haben.

Letzte Frage im Zusammenhang mit Leistungssport: Der LSV veranstaltet in jedem Jahr zusammen mit Porsche, der BARMER und dem Kultusministerium die über die Landesgrenzen hohe Beachtung findende Trainerpreisverleihung. Nur alle zwei oder gar drei Jahre findet die Preisverleihung Partnerbetriebe statt. Warum?
Sie haben Recht. Die Trainerpreisverleihung ist eine fantastische Sache, hat aber auch eine andere Tradition. Die Ehrung der Partnerbetriebe wurde bei den ersten Malen in eine Veranstaltung der Arbeitgeberverbände integriert, jetzt in 2017 eigenständig mit dem Wirtschaftsministerium durchgeführt. Im Übrigen in einer tollen und sehr sportlichen Atmosphäre im Kunstturn-Forum in Stuttgart. Natürlich wollen wir diese weiter durchführen, aber wie oft dies möglich sein wird, ist eine organisatorische und noch viel mehr auch finanzielle Frage. Wichtig zu betonen ist aber, dass wir uns die duale Karriere im Leistungssport ganz dick auf die Fahnen geschrieben haben. Wir werben permanent dafür. Nicht nur bei Firmen und Unternehmen, nicht nur bei Bundeswehr und Polizei, sondern auch beim Landkreistag, mit dessen Präsidenten Joachim Walter ich erst kürzlich gesprochen habe, oder der Verwaltungshochschule. Es wäre toll, wenn jede Behörde sich bereiterklären würde, Spitzensportler auszubilden oder zu beschäftigen.

Ein wichtiges Thema, dessen sich der LSV mit seiner Sportjugend und die Sportbünde annehmen, sind die Freiwilligendienste. Erneut werden Rekordzahlen veröffentlicht.
Ja, ab September 2018 werden rund 450 Freiwillige, also mehr denn jemals zuvor, einen Freiwilligendienst im Sport in Baden-Württemberg antreten. Das ist eine tolle Zahl, und ich denke, dass man da immer noch etwas draufsatteln kann. Wichtig, dass diese auch gleichzeitig die Übungsleiter-Ausbildung absolvieren. Was wir jetzt noch erreichen wollen, ist der verstärkte Einsatz bei Vereinen im ländlichen Raum. Dort sind die Vereine oftmals kleiner, aber es gibt Ansätze, dass sich beispielsweise auch zwei oder drei Vereine eine Stelle teilen, um so auch auf dem Land noch präsenter zu sein mit diesem Angebot, das den Freiwilligen auf der einen und den Vereinen oder Verbänden auf der anderen Seite so viel Positives bieten kann.

Die Zusammenarbeit mit der BWSJ gestaltet sich aber nicht nur wegen der Freiwilligendienste positiv?
Nein, mit Tobias Müller und seinen Kolleginnen und Kollegen haben wir ein tolles Miteinander. Er ist sehr kompetent, kennt das System gut. Gleiches gilt im Übrigen für den Übergang im Hauptamt von Bernd Röber zu Sebastian Kreder.

Wie kommen der LSV und die Sportbünde beim Thema Frauen und Gleichstellung im Sport weiter?
In diesem Bereich entwickelt sich einiges, und ich bin auch der Meinung, dass sich der Aufwand lohnt, was Fortbildungen, Seminare usw. anbetrifft. Wichtig ist der Nachahmungseffekt, hier arbeiten wir auf allen Ebenen. Aber es dauert, keine Frage. Erzwingen können wir nichts.

E-Sports ist in aller Munde. Sie haben sich zuletzt klar gegen die Aufnahme von E-Sports in den DOSB und somit wohl auch in den LSV ausgesprochen. Bleiben Sie bei Ihrer Meinung?
In der Tat habe ich mich klar geäußert, und zwar in Bezug auf die Aufnahme als eigenständige Sportart. Ich halte es zweifellos für schädlich, wenn von oben herab eine Entscheidung getroffen wird. Dass sich die Koalitionspartner im Bund so klar positioniert haben, halte ich für falsch. Die Autonomie des Sports muss gewahrt werden. Hier ist die Politik gar übergriffig geworden. Es ist nun in erster Linie Aufgabe des DOSB, dieses Thema mit der Basis zu klären. Im Übrigen handelt es sich nicht nur um eine singuläre Meinung von mir, sondern um eine Überzeugung des LSV-Präsidiums. Aus pädagogischer Sicht, und dies ist nur ein Aspekt, handelt es sich hier um keinen Sport. Ganz zu schweigen von der Frage, ob die Gemeinnützigkeit, gleichgültig auf welcher Ebene, überhaupt gewährt würde.

Gelöst zu sein scheint hingegen die langwierige gerichtliche Auseinandersetzung um den ehemaligen Fecht-Landestrainer in Tauberbischofsheim.
Ja, wir haben hier im Sinne des Sports eine gute Lösung gefunden. Der jetzt ausgehandelte Vergleich vor Gericht wurde zuvor ja noch von ihm abgelehnt. Wir wollten nach über eineinhalb Jahren nun Ruhe in diese Angelegenheit bringen. Allerdings betone ich auch an dieser Stelle ganz klar und deutlich, dass dieser Fall nichts, aber auch gar nichts mit der Frage zu tun hat, wie wir uns auch zukünftig in Tauberbischofsheim sportlich einbringen und engagieren.

Das Gespräch führte Joachim Spägele